KM Knowledge Management

von Sabine Werther und Dr. Ulrich Kampffmeyer

Als der englische Philosoph und Wissenschaftstheoretiker Francis Bacon im Jahr 1597 den markanten Spruch „Wissen ist Macht“ prägte, herrschte Aufbruchstimmung in Europa: Spanier und Venezianer hatten gerade in der Seeschlacht bei Lepanto gesiegt und damit die jahrhundertelange Vorherrschaft des Islam im Mittelmeer beendet. Englische, portugiesische und spanische Seeleute umsegelten voller Tatendrang und Wissensdurst den Globus, ausgestattet mit den neuesten Navigations- und Teleskopiegeräten. Die Erfindung des Buchdruckers Gutenberg florierte, und aufgeklärte Denker wie Martin Luther wichen ab von den konservativen Vorstellungen des Klerus. Bacon und seine fortschrittlichen Zeitgenossen waren überzeugt, dass Wissen eine freiere, gerechtere und vor allem profitablere Zukunft in Aussicht stellte.
Auch heute wird Wissen als strategischer Erfolgsfaktor für Unternehmen angesehen. Demzufolge ist das Interesse an Knowledge Management (KM) entsprechend gross. Das belegen auch zahlreiche Unternehmensstudien [Wissensmanagement 1998; Mühlbauer 1999; Hönicke 1999]. Die Firmenchefs haben festgestellt, dass die klassischen Produktionsfaktoren und die rein technische Überlegenheit nicht mehr ausreichen, um Wachstum zu fördern und die Stellung am Markt zu behaupten.
Auch die Erkenntnis, dass Wissen der einzige Rohstoff ist, der durch Gebrauch wertvoller wird, lässt KM auf der Prioritätenliste der Entscheider höherrücken. Bei der Einführung von KM allerdings klaffen die Wissenslücken tief: Outsourcen von Unternehmensabteilungen, dezentrales Filial- und Vertriebsgeschäft, Projektarbeit ohne unternehmensweiten Know-how-Transfer, immer kürzere Reaktionszeiten in Wirtschaft und Technik, ungeeignete Unternehmenskultur und verstärkte Personalfluktuation in allen Branchen sind nur einige der Abgründe, die es zu überbrücken gilt.
Die technische Transformation von heutiger Informations- und Dokumentenansammlungen in produktives Wissen ist ebenfalls eine grosse Herausforderung. Moderne Dokumenten-Management-Systeme verwalten schon heute alle Arten von Informationen wie Farbbilder, Video, Sprache, Grafiken, Text, Daten, E-Mails, Druck-output, Fax, usw. Sie sind bereits die „Wissenspeicher“ der Unternehmen.
Doch KM geht weit darüber. Es beinhaltet nicht nur die Anwendung neuer Technologien zur „intelligenten“ Inhaltserschliessung der Dokumente, sondern bezieht darüber hinaus auch Benutzer und Prozesse ein. Wesentliches Merkmal ist die Berücksichtigung der Beziehungen von Inhalten und deren Verdichtung. Knowledge-Management-Systeme (KMS) erlauben heute zum Teil bereits auch den Zugriff auf uncodierte Informationen wie z.B. Bildinhalte, die mit Methoden der Mustererkennung ausgewertet werden.
Die EDV-Lösungen nähern sich damit zunehmend dem Anspruch von wissensbasierten Systemen und Experten-Systemen der 80er Jahre [vgl. Han 1985; Hennings 1985]. Zu dieser Zeit stellten Expertensysteme „... einen Bereich des Arbeitsgebietes Künstliche Intelligenz dar, bei dem eine besondere Betonung auf einem Wissenschatz, der Wissensbasis, und Regeln zu dessen Erschliessung gelegt werden.“ [Kampffmeyer 1988, S. 194ff]. Schon 1988 wurde vom Autor dargelegt, dass durch die Kombination von beliebigen multimedialen Dokumenten aus unterschiedlichen Quellen mit einem wissensbasierten System eine universelle Möglichkeit der Informationserschliessung geschaffen werden kann. Genau diesen Ansatz verfolgen heute die Anbieter der Dokumenten-Management-Branche, die den Begriff „Knowledge Management“ zu besetzen versuchen, ohne dass bereits eine postulierte, notwendige Wissenkomponente, heute modern „Knowledge Engine“ genannt, vorhanden ist.. Die Lösungsansätze kehren sich hiermit um: In den akademischen Ansätzen der 80er Jahre dominierte das Regelwerk als Kern eines wissenbasierten Systems. Die Lösungen kamen aber Grund des gewählten technologischen Ansatzes und der damals verfügbaren Hardware nicht aus dem Probierstadium heraus. Heute existieren grosse Daten- und Dokumenten-Sammlungen in Archiv- oder Dokumenten-Management-Systemen, für die eine inhaltlichen Erschliessung durch eine Wissenskomponente noch aussteht. [vgl. Kampffmeyer 1998a, Kampffmeyer/Merkel 1998]

Unterschiedliche Definitionen

Die Definiton von Knowledge-Management (KM) sind vielfältig, zum Teil sogar widersprüchlich. Dies macht die folgende Auswahl deutlich:
Gartner Group:
Knowledge Management is a discipline that promotes an integrated approach to identifiying, capturing, evaluating and sharing all of an enterprise`s information assets. These assets may include databases, documents, policies and procedures, and previously uncaptured tacit expertise and experience in individual workers. [Bair 1997]
Delphi Group:
The leveraging of collective wisdom to increase responsiveness and innovation. [Delphi 1999]
Ovum:
Knowledge Management is the task of developing and exploiting an organisation‘s tangible and intangible knowledge resources. It covers technological and organisational issues. [Woods 1998]
Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation (IAO):
Wissensmanagement bedeutet, den Wissensbedarf zu erkennen und Wissensziele formulieren. Des Weiteren bedeutet Wissensmanagement, das wertschöpfungsrelevante Wissen zu identifizieren und transparent zu machen. Wissen wird strukturiert, bewertet, gespeichert, verteilt, genutzt und multipliziert. Handlungsmassnahmen werden zur Erreichung der Wissensziele abgeleitet und festlegt, erreichte Ziele und Massnahmen kontrolliert. (Wissensmanagement 1998)

Ein Vergleich dieser unterschiedlichen Definitionen mit den derzeit erhältlichen KMS zeigt, dass diese den oben genannten Ansprüchen nicht gerecht werden. Hier wird der KM-Begriff vielmehr als Marketinginstrument eingesetzt. Bei Herstellern und Anwendern fehlt teilweise noch die Erkenntnis, dass Wissen nicht in einfach nur vorhanden ist, sondern ein Ergebnis von Prozessen darstellt. PROJECT CONSULT hat daher für KM-Systeme (KMS) eine Definition geschaffen, die interdisziplinär ausgerichtet ist:
PROJECT CONSULT:
Knowledge management systems are software solutions providing features to create, capture, process, organize, store, control, retrieve, distribute, and reproduce any type of structured or unstructered digital information of an enterprise with the ability to provide intime information with respect to purpose, description, content, structure, context, rules, and procedures for decision making and knowledge building tasks of any user of the system. [vgl. PROJECT CONSULT 1999]

Knowledge Management im Spannungsfeld Mensch-Organisation

KM wird über mehrere Jahre implementiert und hat ebensoviel mit menschlichen Beziehungen zu tun wie mit den Geschäftsaktivitäten eines Unternehmens. Da das Unternehmenswissen dynamisch ist und kontinuierlich erweitert oder ersetzt wird, kann es nicht statisch und langfristig ohne Wertverlust gespeichert werden. KM transformiert strukturierte und unstrukturierte Informationen, selektiert und kombiniert die für einen Anwender in einem bestimmten Kontext wichtigen Informationen, so dass Entscheidungen und das Handeln von Unternehmen unterstützt werden.
KM stellt damit die Basis für das ständige Lernen einer Organisation zur Verfügung und bringt das Erlernte zum vorhandenen Wissen in Beziehung.

Human Resource Management

Das im Unternehmen verfügbare, in den Köpfen der Mitarbeiter verankerte Wissen über Technologien, Produkte, Prozesse, Strukturen, Kunden und Wettbewerber ermöglicht den Unternehmen, Prozesse zu optimieren, die Entwicklung von Produkten voranzutreiben und deren Qualität zu verbessern.
Darüber hinaus erfordert die KM-Einführung von den Projektmitarbeitern spezielle Qualifikationen, die die sich mittlerweile zu eigenständigen Berufen entwickelt haben. Ovum hat verschiedene Berufsbezeichnungen eruiert [ vgl. Ovum Studie]:

  • Chief Knowledge Officer (CKO):
    Der CKO ist in erster Linie für die Strategieentwicklung zuständig. Idealerweise ist er direkt dem Vorstand oder der Geschäftsführung zugeordnet.
  • Knowledge Project Manager:
    Er ist der Operation Manager und verfügt sowohl über die unternehmensspezifischen als auch über fundierte technologischen Kenntnisse, die zur Umsetzung erforderlich sind.
  • Subject Manager
    Der Subject Manager ist, wie sein Titel schon beschreibt, zuständig für ein bestimmtes Wissensgebiet innerhalb der Organisation. Seine Position hat den Charakter eines Gruppenleiters.
  • Knowledge Broker
    Der Wissens-Broker ist besonders dann gefordert, wenn ein Unternehmen in unterschiedlichen Geschäftsfeldern tätig ist. Er ist für die Verteilung von Inhalten zuständig.
  • Knowledge Leader
    Erfahrene Professionals stellen ihr Wissen als Knowledge leader zur Verfügung. In der Regel werden dafür senior consultants vorgeschlagen und eingesetzt.

Organisation

Das Wissen einer Organisation setzt sich aus expliziten, klar definierten und implizitem, nicht sofort erkennbaren Wissen zusammen. Damit geht es weit über reine Dokumente, Webseiten und andere explizite Formen hinaus. Während allgemeines, explizites Wissen einfach an andere zu übermitteln ist, ist verborgenes Wissen sehr viel schwieriger zu erschliessen und zu kommunizieren. Häufig ist diese Art von Wissen empirisch und subjektiv.
Zur Erfassung der impliziten Wissenssenken müssen allerdings Rahmenbedingungen im Unternehmen bestehen oder geschaffen werden, die die Mitarbeiter dazu veranlassen, ihr Wissen zu dokumentieren und unternehmensweit zur Verfügung zu stellen. Eine erhebliche Beeinträchtigung der Einführung eines KM-Systemes stellt häufig die Weigerung der Mitarbeiter dar, die um ihre Position fürchten, wenn sie ihr Wissen allgemein zugänglich machen.
Eine frühzeitige Einbindung der Mitarbeiter bereits in die Projektierungsphase für eine KM-Lösung hat sich beispielsweise bei den Firmen BASF, Hewlett-Packard, Skandia oder Nokia bewährt [vgl. Hönicke 1999].
Die USU AG ist durch eine eigene Analysemethodik zur der Erkenntnis gelangt, dass der konkrete Nutzen und Vorteil für die Mitarbeiter erkennbar sein muss, damit Wissensmanagement sich durchzusetzen kann. Die Analyseergebnisse der „situativen Motivation“ wurde auf die Lotus-Notes basierte Anwendung USU-Value Base übertragen. Die Geschäftsprozesse und Aufgaben wurden anschliessend so gestaltet, dass die Wissensdokumentation für jeden Anwender einen unmittelbaren Nutzen hat [vgl. Gerick 1999].
Die Selektion von motivierten Mitarbeitern wird beim Siemens-Tochterunternehmen Softlab AG durch den Einsatz von Wissensdatenbanken möglich. Dort kann jeder Mitarbeiter – also auch der Vorgesetzte – in der Wissensdatenbank verifizieren, wer wie häufig nützliche Information in das System eingibt. Informationsverteilung wird hier als Wegbereiter für die persönliche Karriere genutzt.
Anreizsysteme dieser Art misslingen jedoch, wenn nicht eine Unternehmenskultur herrscht, die sowohl Offenheit und Ehrlichkeit geprägt ist. Das bezieht auch das Vertrauen in die Mitarbeiter durch Vorgesetzte und unter den Kollegen mit ein. Dass eine offene Unternehmenskultur den entscheidenen Schlüsselfaktor bei einer KM-Einführung ist, haben bereits kleine und grosse Unternehmen, zum Teil schmerzlich, erfahren müssen [vgl. Rüter 1998].
Dass die Effizienz von Methoden und Werkzeugen von der Unternehmensorganisation abhängt, macht auch der Ansatz des Fraunhofer Instituts für Arbeitsorganisation (IAO) deutlich: im europäischen Kooperationsprojekt MaKe-IT-SME werden mit kleinen und mittleren Unternehmen aus der Investions- und Konsumgüterindustrie spezifische Lösungen entwickelt, die organisatorische, humanorientiertere und technische Aspekte gleichermassen berücksichtigen [vgl. Röhrborn 1999]

Knowledge-Management-Technologien

Früher war die Wahl eines Archivierungs- und Retrievalsystems relativ einfach: Volltextdatenbanken wurden für die Erschliessung von Texten eingesetzt, und relationale Datenbanken für die Erschliessung strukturierter Daten. Diese Datenbanken konnten auch genutzt werden, um über Zeigerfunktionen auf Dokumente zu verweisen, die in Dokumenten-Management-Systemen (DMS) archiviert werden [vgl. Kampffmeyer/Merkel 1998].
Diese Situation hat sich geändert. Heute kann das Unternehmenswissen mit KMS-Lösungen unterstützt werden, die gleichzeitig auch Benutzer und Prozesse miteinbeziehen. Bei KMS geht es um die inhaltliche Erschliessung aller Arten von strukturierten und unstrukturierten Informationen. Um es plastischer auszudrücken: KMS reicht vom Datensatz über das eingegangene Fax bis zur Multimedia-Präsentation.
Data Warehouses ermöglichen die Verteilung, Aufbereitung und Verdichtung von Informationen. Neuartige Suchmaschinen finden auch Daten und Dokumente in unstrukturierten Repositories. Agenten suchen selbständig und selbstlernend nach benötigten Daten und Dokumenten. Nicht mehr Speicherung und Verwaltung stehen im Vordergrund, sondern die intelligente Erschliessung von Informationen, die zu strukturierten Wissensbeständen führt [vgl. Kampffmeyer 1998b].
KMS umfassen im wesentlichen fünf Bausteine:

  • Identifizieren, Ordnen und Klassifizieren des Wissens: Der Wissenstransfer zwischen den Mitarbeitern geschieht durch die Bereitstellung eines externen Repository, der den Mitarbeitern offen zur Verfügung steht. Die Dokumente müssen zeit-, speicherort-, plattform- und applikationsunabhängig gruppiert und verbunden werden können.
  • Verteilen und Verbinden von Wissen: Effizienter Wissenstransfer zwischen einem Knowledge-Provider und einem Wissenssuchenden ist das Ziel des zweiten Bausteins. Der Wissenssuchende erlangt dadurch den Ausgleich seiner Informationsdefizite.
  • Filtern, Personifizieren und Interpretieren des Wissens: Bestandteil dieses Bausteins ist das Extrahieren von Wissen aus einem externen Repository. Dazu zählt das Filtern der relevanten Informationen und die Präsentation oder Interpretation des Wissens in einer für den Wissenssuchenden geeigneten, verständlichen Form. Zu diesem Zweck sind über eine einfache text- oder wortbasierte Suche hinausgehende konzeptbasierte oder heuristische Suchmethoden erforderlich.
  • Entscheidungsunterstützung: Der Wissensuchende erhält eine Entscheidungsunterstützung, die auf die Ergebnisse der drei vorangegangenen Bausteine referenziert.
  • Messen und Kontrollieren: Diese Funktion unterstützt die genannten Funktionen und organisiert nicht das Wissen selbst; sondern bezieht sich auf alle Aktivitäten, die gemeinsames Wissen qualifizieren und quantifizieren sowie auf die Performance von Knowledge-Management-Lösungen.

Lösungsansätze und Funktionalitäten

Die genannten Bausteine werden durch verschiedene Technologien für die Sammlung, Organisation und Übermittlung des Wissens zwischen den Mitarbeitern eines Unternehmens unterstützt.
DMS-Hersteller entwickeln ihre Produkte zunehmend in Richtung KMS weiter. Neben der Speicherung und Verwaltung von Repositories mit elektronischen Dokumenten nutzen neue Dokumenten-Management-Funktionalitäten die Intelligenz und Interaktivität von Hypermedia-Formaten, um Geschäftsprozesse zu unterstützen.
Am Ende der Übergangsphase zur integrierten Wissenslösung wird Dokumenten-Management zu einer elementaren IT-Funktion. Dokumenten- oder Knowledge-Management-Lösungen der nächsten Generation werden damit zu einem Mittelpunkt der Infrastruktur, die das Unternehmenswissen verfügbar und nutzbar macht.
Für unternehmensweite Dokumenten- oder Knowledge-Management-Lösungen werden heute im allgemeinen verschiedene Komponenten wie Dokumenten-Management-, Groupware-, Intranet-, Workflow- oder Retrieval-Technologien integriert:
Expertensysteme zur Entscheidungsunterstützung sind erst am Anfang ihrer Entwicklung. Viele der Aspekte des Knowledge-Management werden bereits durch vorhandene Lösungen - zumindest in Teilen - abgedeckt. Erfassung, Verwaltung, Verteilung und andere Komponenten gehören zum Standardlieferumfang moderner DMS-Lösungen. Woran es jedoch häufig noch fehlt, sind neue Erschliessungsstrategien, die dem Anwender helfen, die richtige Information zum richtigen Zeitpunkt aus seinen grossen Archiven zu gewinnen. Standardfunktionalitäten von herkömmlichen DM-Systemen stellen häufig die Basistechnologie für KMS dar [vgl. Kampffmeyer 1998b):

  • Retrieval-Funktionen, die gemeinsame Nutzung von Informationen und Push-Strategien zur Filterung von Informationen im Web.
  • E-Mail, Routing, Diskussionsdatenbanken, verteiltes Dokumenten-Management und elektronische Archive als Hintergrundspeicher.
  • Groupware-Funktionalitäten, die die Zusammenarbeit und gemeinsame Nutzung der Wissensbasis in einem Unternehmen oder zwischen verschiedenen Unternehmen unterstützen
  • Workflow bildet die Grundlage für die Verbreitung von Wissen über Geschäftsprozesse sowie optimierte Verteilungs- und Kontrollverfahren.

Strategische Aspekte zur Einführung von KMS

Effektives Wissensmanagement soll sowohl die internen als auch die externen Unternehmensabläufe unterstützen und verbessern. Da die Einführung eines KMS tiefgreifende Änderungen im Unternehmen mit sich bringen, ist eine genau definierte und realistische Projektplanung empfehlenswert.

Planung und Ist-Analyse

Entscheidendes Element in der Planungsphase ist eine Vorgehensweise, die den spezifischen Anforderungen des Unternehmens entspricht. Sind diese Anforderungen identifiziert, so muss eine möglichst exakte Projektzielsetzung folgen. Dabei sollte allen Beteiligten auch das Nutzenpotential transparent gemacht werden, das durch die Einführung von KM entsteht. Die Zielsetzungen sollten so formuliert werden, dass die Zielerreichung kurzfristig und erkennbar geschehen kann. Damit das Projekt unternehmensweit unterstützt wird, sollten die Beteiligten schon an dieser Stelle über Chancen, aber auch über die Risiken des Vorhabens informiert werden. Optimal ist in diesem Zusammenhang die Untertützung durch einen Projektpromoter der Vorstands- oder Geschäftsführerebene.
Während der Ist-Analyse-Phase sind die Formen des Zugriffs auf erfolgskritische Informationen, die Umsetzung von Zugriffsberechtigungen und Zugriffsschutz sowie die notwendigen Sichten auf Daten und Dokumente zu ermitteln. Eine wesentliche Rolle spielen hierbei auch die Typen der unterschiedlichen Informationen, die im KMS bereitgestellt werden sollen. Eine Wissenslandkarte kann bei der Aufstellung aller relevanten Wissenquellen und Experten durchaus hilfreich sein. Damit können Kernkompetenzen und –lücken transparent gemacht werden. Die Karte kann ausserdem bisher nicht genutztes Wissen freilegen, das für neue Dienstleistungen und Produkte eingesetzt werden kann.

Soll-Konzeption

Bei der Soll-Konzeption eines KMS haben vier Faktoren besondere Bedeutung:

  • Informationserfassung:
    Die Erfassung von Faksimile-Dokumenten stellt aus zwei Gründen einen Engpass dar. Zum einen ist der Scan-Vorgang selbst relativ aufwendig. Die zu erfassenden Dokumente müssen zu Lesezwecken vorbereitet und qualitätsgesichert werden. Eine OCR/ICR-Verarbeitung (Optical Charakter Recognition/Intelligent Charakter Recognition) ist heute noch fehlerbehaftet. Die Indizierung muss entweder manuell überprüft und ergänzt werden. Eine Alternative dazu ist ein Erschliessungssystem, das mit ausreichender Sicherheit die Unzulänglichkeiten der Erfassung beim Suchen ausgleicht.
  • Informationserschliessung
    In der Regel ist eine ausschliessliche Bereitstellung von Information mittels einer Volltextrecherche nicht ausreichend. Strukturen und Zusammenhänge von Informationen müssen ebenfalls im System abzubilden sein. Diese Zusammenhänge können zum Teil vordefiniert werden. Anderserseits kann das System diese aus dem Informationsnutzungsverhalten der Anwender auch selbst aufbauen.
  • Informationsbegrenzung
    KMS benötigen andere Schutzmechanismen als herkömmliche DMS. Bei DMS wird der Zugriff durch bestimmte Dokumentenklassen, bestimmte Felder bzw. Suchbegriffe oder getrennte Dokumentenbestände ermöglicht. Da der Vorteil eines KMS in der Inhalts- und Kontexterschliessung liegt, muss entweder die Entscheidung getroffen werden, alle Informationen allen Mitarbeitern zur Verfügung zu stellen oder – aufwendiger - ein Berechtigungssystem zu implementieren, dass rollen- und inhaltsbezogen organisiert ist.
  • Informationsbereitstellung und -verteilung
    Grundsätzlich lassen sich zwei Arten der Informationserschliessung unterscheiden, der gezielte Zugriff mit einer Anfrage („Pull“-Prinzip) und die gezielte Versendung an einen oder mehrere Benutzer („Push“-Prinzip). In modernen Dokumenten- und Knowledge-Management-Systemen werden diese beide vom Benutzer selbst initierten Aktionen durch weitere Funktionen ergänzt. Hierzu gehören vom System selbst zusätzlich bereitgestellte Informationen, die kontextbezogene oder weiterführende Informationen hinzufügen, Informationsverdichtung, Aktions-, Regel- oder Zeitpunktbezogene Bereitstellungsautomatismen und andere Techniken.

Realisierung

Ein KMS stellt häufig eine völlig neue Art von Softwareumgebung dar, das meist schwierig in vorhandene Anwendungen zu integrieren ist. Durch ein KMS werden papiergebundene Ablagen und bisherige Arbeitsweisen mit Dokumenten und Informationen vollständig erneuert. Eine Einführung ist daher auch meistens mit Akzeptanzproblemen verbunden. So muss beispielsweise der Umgang mit offen verfügbarem Wissen erst gelernt werden. Hier bieten sich interne Seminare oder Informationsbroschüren an.

Implementierung und kontinuierliche Optimierung

Bei der Einführung von EDV-Lösungen, wie bspw. Intranet ist wichtig, dass auch die 60 Prozent-Lösung für ein erstes Pilotprojekt ausreicht. Auch hier gilt es wieder, dass schnelle, sichtbare Ergebnisse entscheidend sind für den Projekterfolg. Diese Ergebnisse müssen bewertet werden und fliessen als massgebliche Projekterfahrung in die Folgephasen ein.
Wie weiter oben schon erwähnt, liegt eine zusätzliche Problematik der Implementierung eines KMS in der begrenzten Menge an professionellen Systemen. Die Anbieter und Systemintegratoren verfügen häufig nicht über ausreichend qualifiziertes Personal. Wenn auf Seiten des Anwenders und des Anbieters nicht ausreichendes Know-How vorhanden ist, sind KM-Projekte bei einer Einführung mit grossen Risiko behaftet.

Nutzen von Knowledge Management

Zu den Nutzenaspekten von integriertem Wissensmanagement zählen optimierte Wiederverwertung von schon existierenden Ergebnissen, bessere Ausschöpfung von best-practice-Lösungen und die Reduktion von Zeiten und Kosten durch die Vermeidung von bereits begangenen Fehlern. Durch den Einsatz von Wissensmanagement können die Produkte und Dienstleistungen verbessert werden. Auf Kundenanforderungen kann besser reagiert werden, und Lieferzeiten können ggf. verkürzt werden. In der Konsequenz steigt die Kundezufriedenheit und damit die Nachfrage nach Produkten und Diensten.
Es hat sich gezeigt, dass durch die Implementierung von Wissensmanagement die Unternehmen kurz- bis mittelfristig einen größeren Marktanteil erzielen und damit profitabler und konkurrenzfähiger werden als ihre Wettbewerber. Als Beispiele lassen sich das Londoner Softwarehaus Quidnunc und der schwedische Versicherungskonzern Skandia nennen. Während das junge Softwareunternehmen Quidnunc die Messwerte vor allem bei Kunden- und Mitarbeiterzufriedenheit ansetzt und dafür schon mehrfach ausgezeichnet wurde, kann der Versicherungsriese Skandia eine Umsatzsteigerung von 400 Mio. auf 5 Mill. US-Dollar innerhalb von sechs Jahren verzeichnen. [Coester 1999; Hönicke 1999]

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